Robert, im deutschen Dorfe Heimtal, Wolhynien (SU, Ukraine) geboren, verbringt seine Kindheit, wie wir sie auch aus Deutschlands 20er und 30er kennen . etwa aus den Romanen Ehm Welks oder Erwin Strittmatters. Doch dann wegen des Stalinistischen Terrors 1937-38 sucht Roberts Familie auf der Krim, später in Kasachstan Zuflucht. 1942 mit 15 Jahren wird Robert zur "Trudarmee" eingezogen: Schwerste körperliche Arbeiten bei kärglichen Essensrationen zwangen ihn zur Flucht und es gelang ihm zu überleben. Spannend ist zu lesen, wie es Robert nach dem 2. Weltkrieg trotz der "Sonderverwahrung" aller Deutschen unter Aufsicht der sowjetischen KGB gelang, vielfältige bürokratische Hürden zu nehmen, um zu einem Hochschulstudium zugelassen zuwerden.

Auch nach dem Studium gehörte für Robert viel Mut und Selbstvertrauen dazu, um mit vorbildlichen Arbeitsleistungen in leitende Positionen der Landwirtschaft Kasachstans aufzusteigen, was nur wenigen Deutschen gelang. Wir erfahren von harten Auseinandersetzungen mit Partei- und Staatsfunktionären, von seinen Schlussfolgerungen und Entscheidungen mitgleichgesinnten Kollegen, ... von den Bemühungen der Sowjetdeutschen im Erfüllen des 1958 unter Chruschtschow verkündeten Programms, die USA in20 Jahren in der landwirtschaftlichen Produktion einzuholen und zu überholen. Wie es gelang, die wenigen verbliebenen geschlossenen deutschen Siedlungen zu musterhaften - für die ganze SU - Gemeinschaften zu entwickeln.

Aus dem Schicksal Roberts und seiner Familie erhält der Leser Antwort auf viele Fragen - etwa darauf, warum die meisten Sowjetdeutschenüberhaupt nach Deutschland und nicht schon viel früher gekommen sind, weshalb viele ihrer Angehörigen und Nachkommen nur schlecht oder überhaupt kein Deutsch sprechen, weshalb es ihnen schwer fällt, sich in ihrer neuen Heimat zurechtzufinden und einzuleben.

Die aufgezeichneten Erinnerungen des Autors sind für die Nachkommen der Spätaussiedleraußerordentlich wertvoll, denn sie werden ihnen auch noch nach Jahrzehnten helfen, das Leben ihrer Eltern und Großeltern in der ehemaligen Sowjetunion zu verstehen und ihre Leistungen zu würdigen.

Insbesondere den "einheimischen" Jugendlichen - und nicht nur diesen - ist die Lektüre als Ergänzung zum Geschichtsunterricht über das 20. Jahrhundert sehr zu empfehlen so wie als Anleitung zum toleranten Umgang mit Altersgenossen aus anderen Sprach- und Kulturkreisen.

Bemerkenswert ist das Resümee des Autors im "Zusätzlichem zum Nachwort", der nach den Erfahrungen der Einbürgerung in Deutschland seit 1994 im Jahre 2005 konstatiert: Ob der Kapitalismus viel besser als der misslungene Kommunismus ist, wird die Zeit zeigen. Wahrscheinlicher ist, dass die Menschheit einen mehr stabilen und alle Mitglieder der Gesellschaft befriedigenden Weg zwischen diesen zwei, sich einander ausschließenden Systemen suchen und finden wird.

Dr. Klaus Heinrich, Institut für West-Ost-Studien (IWOS)
Deutsch-Russischen Zentrum zu Leipzig e.V.
Oktober 2005, Leipzig

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Mit Mut, Ausdauer und Prinzipientreue

Der Autor schildert im Buch "Die Brechstangenpolitik im Zickzackkurs" wie die Sowjetdeutschen für das Deutschtum kämpften und warum sie schließlich doch gezwungen waren auszuwandern ... Es ist zuerkennen, das der Autor mit der Schilderung der ersprießlichen Tätigkeit einiger hervorragenden Wirtschaftsleiter deutlich gemacht hat, warum einige Deutschen Kommunisten waren. Diese vortrefflichen sowjetdeutschen Fachleutebeseelte - nach Stalins Tod und dem Eintreten von Chruschtschows "Tauwetter" - der Glaube das in jener Zeit Gegebenheiten das Deutschtum zu erhaltenentstanden waren. Und sie versuchten mit ihrer unermüdlichen Tätigkeit im Erzeugen der Agrarproduktion unübertroffene Erfolge zu erreichen, um so zuzeigen, was eigentlich deutscher Arbeitseifer, deutscher Ordnungssinn, sogar in einer Kollektivwirtschaft, erzielen kann und so das deutsche Wesen auf den Vordergrund zu rücken.

Leider waren es schließlich doch vergebliche Mühen. Als die Autonomiebewegung entgültig scheiterte, als man einsah, dass solche "deutsche Inseln" blühender Kultur gefährdet waren, löste diese sich auf, und auch die wohlhabendsten Deutschen wählten den einzigen Ausweg durch die Übersiedlung in die historische Heimat. So spricht der Autor auch von der Krise in der KPdSU noch vor dem Zerfall der UdSSR und noch eher sich die Partei auflöste.

Auch widerlegt er die Meinung einiger Menschen es sei ein Fehler unserer Vorfahren damals nach Russland auszuwandern, weil ihre Nachkommen all die vielen argen Erfahrungen machen mussten. Nein, sie haben in der Wahlheimat Russland Großes geleistet, und nicht ihre Schuld war es, dass, angefangen unter der Herrschaft von Alexander II, unsere Volksgruppe, ungerecht ihrer hervorragenden Leistungen, hart bedrängt wurde.

Zu den Erzählungen: Sie sind entweder geschichtlich belegt oder lehrreich. So wie im vorigen Buch die Novelle "Beethovens Neunte Symphonie" eine meisterhaft geschriebene Gefühlswelt darstellt, sollte auch "Die symbolische Beerdigung" in diesem Buch einen besonderen Platz einnehmen. Es ist ein Beweis der vorbildlichen Würdigung jener Opfer des Genozids, die vorgeführt wurden sowie ein ehrenvolles Gedenken des väterlichen Vermächtnisses.

Kornelius Neufeld - Publizist,
Oktober 2005, Mülheim


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